Island – Heizen an Bord II

Heizen an Bord ist wohl das Thema in der …

kalten Jahreszeit. Nun wird es draussen täglich wärmer und der Sommer steht vor der Tür. Da denkt wohl niemand an Heizen, aber vielleicht plant der Eine oder die Andere doch, den nächsten Winter zu Segeln, zu Überwintern oder wie ich, den Sommer auf Island zu verbringen. Gerade in den hohen Breitengraden ist ein warmes Boot unerlässlich. Gemessene Temperaturen im August 2018: Nachts 2° tagsüber nie über 10°. Da sehnt sich jeder nach einem warmen Plätzchen oder einem warmen Salon. Auch ich, denn ich bin kein Held, der es wissen will. Nein, ich mag es auch gemütlich. Was gibt es Schöneres, als Abends bei Tee und Kerzenschein den Sonnenuntergang zu geniessen. Wenn dann noch warme Luft aus dem Salon strömt, ist meine Welt in Ordnung.

Im Herbst 2017 habe ich mich entschieden, eine zusätzliche Heizung im Boot einzubauen. (Bericht: Feb. 2018) Viel zu spät, denn 3 Winter lang zuvor habe ich mit elektrischen Lüftern, Infrarot-Strahlern, Standheizung und warmen Decken experimentiert. Nichts stellte mich richtig zufrieden.

Ich lebe auf dem Boot und warum soll dieser Lebensabschnitt mit Einschränkungen und Kälte verbracht werden? Oft werde ich gefragt: „Hast du keine Standheizung?“ Doch habe ich. Was spricht gegen diese Variante? Bei einer Standheizung wird von Aussen feucht-kalte Luft angesaugt, erwärmt und in den Innenraum geblasen. Viel Feuchtigkeit verliert die Luft dabei nicht. Eine Standheizung, in meinem Fall eine Webasto mit 4kW, benötigt zumal Unmengen an Energie. Allein beim Starten fließen über 10 Ampere Strom durch die Leitungen.

Im Dauerbetrieb dann noch immerhin ca. 3A. Selbst bei meiner Service-Batteriebank der von 350Ah stehen nach 2 Tagen Dauerheizen nur noch 75% zur Verfügung. Viel tiefer gehe ich in der Regel nicht. Dann ist da noch der Dieselverbrauch, je nach Heizstufe fliessen 6-8 Liter Diesel am Tag aus dem Tank. Auch das ist mir zu viel, denn mein Dieselvorrat ist mit 200 Liter sehr begrenzt. Wenn man im Winter fest am Steg angebunden ist und der Stromanschluss pauschal berechnet wird, kann man es mit elektrischen Lüftern oder Infrarotstrahlern versuchen. Dabei wird die vorhandene Luft im Boot nur umgewälzt. Und genau wie bei der Standheizung gibt es dieses nervende  Lüftergeräusch. Wie gesagt, wenn man fest am Steg ist. Ich möchte auch im Winter mobil bleiben und deshalb fiel meine Entscheidung für einen zusätzlichen Ofen. Einige Gründe sprechen dafür. Der Ofen ist fest eingebaut, ich habe keinerlei Kabel und Verteiler, bin unabhängig vom Strompreis am Liegeplatz und kann auch in der kalten Jahreszeit einfach mal für mehrere Tage autark vor Anker gehen. Die Wahl stand zwischen Diesel, Gas und Holz. Beim Gas bin ich mir nicht sicher, ob ich überall meine Flaschen füllen kann. Genau so verhält es sich mit Holz. Liegt überall genug Holz herum, das ich aufsammeln und nutzen kann? Ist es dann auch trocken? Und wohin damit im Boot? Im Winter 2016 habe ich in Dänemark überwintert. Dabei habe ich mir jeden Tag vorgestellt, Holz zu sammeln, zu trocknen und irgend wo zu lagern. Nein, die Liebe zum Naturrohstoff war dann doch nicht so groß. Meine Wahl fiel auf komprimierte Energie in flüssiger Form. Ein Öl-/Dieselofen. Zwischen der dänischen Firma Reflex und den Öfen von Dickinson-Marine, entschied ich mich für den formschöneren kanadischen Dickinson Dieselofen „Newport“.

Ein Wandofen mit Glasscheibe, die die Gemütlichkeit eines Kaminofens ausstrahlt. Auf dem deutschen Markt gibt es da nur einen Generalimporteur, der die Preise bestimmt und mir viel zu teuer erscheint. Also habe ich alles zusammen gestellt, berechnet und kalkuliert, einen günstigen Dollarkurs abgewartet und in den USA bestellt. Die Prozedur mit Bestellungen, mehreren Teillieferungen und Zollabwicklung in Deutschland hat über 3 Monate gedauert. Unterm Strich allerdings habe ich einen 4stelligen Betrag gespart. Alles richtig gemacht. Ein einziges Teil wurde nicht mitgeliefert, die Abschlusskappe für Aussen, wenn der Ofen nicht in Betrieb ist. Beim deutschen „Generalimporteur“ gar kein Problem nachzubestellen. Im viel zu teuren Paket kam ein Ausschuss-Blechdeckel, der nicht passte. Mit Rücksendung, Reklamation und Wartezeit vergingen noch einmal 3 Monate. Wie gesagt vom deutschen Händler! Der Einbau im Salon am vorderen Schott ging dann relativ schnell von statten. Isolierung zum Schott und an der Decke, sowie ein 90mm Durchbruch zur Bugkabine waren an einem Wochenende erledigt. Bei der Dieselzufuhr entschied ich mich, den Haupttank anzuzapfen, denn ich wollte keinen zusätzlichen Dieseltank im Boot haben. Nur der Überlauf vom Dieselofen sollte einen separaten Behälter haben. Beim Abgasrohr habe ich mich etwas schwer getan. Ein 12cm großes Loch ins Boot bohren ist bei euch bestimmt auch nicht an der Tagesordnung.

Der Durchbruch erfolgte in Mastnähe. Keine Laufstrecke an Deck und keine Fallen oder Schoten sollen stören. Ein Freund von mir, der Alex, ist Schornsteinfeger. Er meint: „Hast du gut gemacht, die Abgasrohre mit der steigenden Luft müssen immer länger sein als die Waagerechten“. Also auch richtig gemacht. Bei der Dieselzufuhr aus dem tiefer liegenden Haupttank muss eine 12V Niederdruckpumpe installiert werden. Die sorgt für gleichmässigen Druck am Regler. Ich habe letzten Winter einen Segler gesprochen, der einen Fallstrom-Tagestank verwendet. Also ohne Pumpe. Bei -10° fällt da nix mehr durch. Er musste nach 3tägiger Abwesenheit erst sein Boot erwärmen, um den Diesel flüssig zu bekommen, um dann zu Heizen. Klingt paradox. Die Niederdruckpumpe ist praktisch nicht zu hören und es fließen bei einem Impuls von 10 Sekunden nur ca. 0,03 Ampere. Bedeutend weniger als oben erwähnte 3A im Dauerbetrieb der Standheizung. Der Durchbruch zur Bugkabine ist für einen zusätzlichen Wärmetauscher. Den so genannten Headex. Ein System, das die heisse Luft gleich oberhalb des Ofens absaugt und mittels Rohrleitung und Lüfter in die Bugkabine leitet. Sehr effektiv, um auch die Bugkabine zu heizen. Allerdings ist der Lüfter sehr geräuschintensiv und läuft bei mir nur kurzzeitig, um das Boot schnell auf- und durchzuheizen.

Schon nach dem ersten Probelauf, dem ersten Anheizen stand fest: Das reicht. Die Heizleistung ist so enorm, dass ich zeitweise das Schot zum Cockpit oder eine Dachluke offen lasse, um die Temperatur zu regeln. Auch am Ankerplatz, wo der Wind in der Regel von vorn kommt, strömt warme Luft bis in die hintere Schlafkabine. Selbst bei -10° am Ankerplatz und dünner Eisschicht rund um mein Boot war es letzten Winter hier auf Island kein Problem, die 20° Marke im Boot zu erreichen. Nur eisiger Wind auf´s Heck, im Hafen zum Beispiel, bringen das Raumklima durcheinander. Aber im Hafen habe ich ja meine elektrisch beheizte Matratze ;-). Dann ist da noch ein weiterer grosser Vorteil, der Ofen saugt enorm viel Luft aus dem Inneraum und befördert sie nach draussen.

Die Luftfeuchtigkeit sinkt unter 35%. Dem steure ich wieder mit einem Wasserkessel auf dem Ofen entgegen. Ergebnis: Raumklima steigt, Kaffeewasser kocht = Gas gesparrt. Der Verbrauch ist bei Dickinson Newport mit 5 Litern Dieselöl am Tag angegeben. Ich liege mit ca. 3 Litern weit darunter. Genau kann ich es leider nicht feststellen, da ich den Haupttank auch zum Motoren nutze. Sicherheitstechnisch gibt es keine Bedenken, auch bei längere Abwesenheit heizt der Ofen zuverlässig das Boot. Wichtig ist der Einbau eines CO-Warners. Kohlenmonoxid in geschlossenen Räumen kann zu gefährlichen Vergiftungen und sogar zum Tod führen. Die gibt es in verlässlicher Qualität schon um 40,- € zu kaufen. Ein Frage, die mir vor dem Einbau niemand beantworten konnte ist: Kann ich unterwegs beim Segeln heizen? Ja, das geht. Es muss etwas mehr auf die Flamme geachtet werden, damit sie nicht durch Winddreher oder ähnliches erstickt oder ausgeht. Als Unterstützung ist im Ofen ein Ventilator eingebaut. Dieser lässt sich stufenlos regeln und kann an die besonderen Windverhältnisse angepasst werden. Ich denke da an einen wunderbaren Törn im April 2018 von Skagen nach Schottland. Draussen Schneeregen bei 2°, 10kn Wind Raumschotkurs, keine Welle und entlang der norwegische Südküste. Ich sass bei 20° im T-Shirt mit Tee und einem Buch im Salon…..  Am Folgetag, mitten auf der Nordsee, 40kn und 4m Welle, aber noch immer 20° im Salon. Ich möchte meinen Dicki nie wieder missen.

Plant ihr ebenfalls einen Ofen einzubauen oder habt ihr spezielle Fragen, schreibt mir, ich antworte nicht gleich aber sehr gern. 

Hier das aktuelle Video zum Bericht, Premiere ist Sonntag Abend. Viel Spaß.

10 thoughts on “Island – Heizen an Bord II

  1. Hi Michi,
    Sag mal hast Du nicht so eine Liste mit Bauteilen, die Du benötigt hast für Deinen Heizungseinbau? Das ist doch tausenderlei Zeugs und da war es für den eigenen Einbau schon hilfreich die zu wissen.
    Friss
    Knut

  2. Hallo Micha
    Bin grad dabei die Dickinson Ölheizung ins Boot zu bringen.
    Ich hätt ein paar Fragen zum Abgasrohr.Ich hab vom Ofenausgang zur Decke nur 600 mm Platz.
    Ich habe den Plan das Rohr aussen um 600mm zu verlängern und zu dämmen um insgesamt ca.1300mm graden Abgaszug zu haben.
    Oder besser mehr Rohr im Schiffsinneren(dann aber mit mehr Verwinkelungen) zu verbauen?
    Was meinst Du?
    BG Thorsten

    1. Hi Thorsten, leider heute erst deinen Kommentar gelesen.
      Also ich habe auch nicht mehr Platz bis zur Decke. Habe das Abgasrohr 2x abgewinkelt und einen Meter im Salon verbaut. Bringt auch mehr Hitze. Zusätzlich muss dann noch die Decke isoliert werden.
      Viele Grüsse Micha

  3. Hallo Micha, auch wir heizen seit vielen Jahren mit einem Dickinson und sind sehr zufrieden damit. Der Ofen lief sogar über zwei Jahre durchgehend bei unserer letzten Reise. Einzig unverständlich ist die Erfahrung deines Freundes, der aus seinem Falltank bei -10 Grad keinen Diesel mehr bekam, hatte er ausgeflockten Sommerdiesel im Tank? Wir haben einen extra Heizöltank verbaut, aus dem wir per Handpumpe in den höher gelegenen Tagestank/Falltank pumpen. Hatten noch keine Probleme damit. Allerdings haben wir zwischen dem Falltank und dem Dickinson einen Dieselfilter verbaut, nachdem wir einmal mit schmutzigen Diesel zu kämpfen hatten. Auch hast du recht, bis zu einem bestimmten Grad lässt sich der Dickinson auch unter Segel verwenden, allerdings kommt es bei uns vor, dass ab und zu Fallwinde oder Böen den Ofen dazu bringen, in die Kajüte Abluft zu puffen, dann stellen wir ihn lieber ab.. Wir waren auch auf einem Boot mit einem Reflexofen in der Antarktis unterwegs und können zum Unterschied der beiden Öfen sagen: Der Reflex schafft es, mehr Wärme in ein Heizungssystem für Heizkörper zu befördern. Für alle Eigner, die also Heizkörper im Schiff verteilen wollen, ist der Reflex interessanter. Unser Dickinson hat zwar auch eine Wasserleitung im Brennraum für Warmwasser/Heizkörper, aber die ist verhältnismäßig klein (nur zwei Runden im Brennraum) und damit nicht besonders effektiv. Liebe Grüße, Claudia

    1. Hi Claudia, vielen Dank für dein Feedback. Ich nehme den Diesel aus dem Haupttank mit einer Druckpumpe. Das funktioniert bei allen Temperaturen. Gruss Micha.

  4. Hallo Michael, bei uns steht, nach dem Umzug aufs Boot, auch die Planung für einen Ofen an. Der nächste Winter kommt bestimmt. Es wird auch ein Dickinson, aber ein Feststoffofen. Bei der Recherche bin ich auf Deine tolle Seite und deinen YT Channel gestoßen.
    Kannst Du sagen, ob das aufgehende Rohr unbedingt an einem Schot hochgehen muss? Der beste Platz bei uns ist nämlich an einem etwas niedrigeren Locker, sodass das Rohr vielleicht 50 cm frei steht, bevor es durchs Deck raus geht. Ich finde dazu leider nichts online/bei Dickinson hab ich dazu auch nix gefunden. Wo in den USA hast Du bestellt? Viele Grüße Antje

    1. Hallo Antje, ich habe deine Post erst heute gefunden. Sorry, ich schaue auf meiner Website nicht so oft rein. Sie ist im Moment ein schlafendes Projekt.
      Danke für deine Anfrage.Das Ofenrohr kann überall nach aussen gehen. Es sollte draussen nicht stören.
      Mein Ofenrohr tritt auf Höhe des Mastes und 50cm an backbord vom Mast.
      Es gibt an diesem Punkt Verwirbellungen bei starken Wind. Wenn mein Boot schwoit und der Wind kommt kurz von backbord, drückt es in das Ofenrohr sodass die Flamme zu ersticken droht.
      Abhilfe: der Ventilator im Ofen läuft mit und regelt den Überdruck von aussen. Der Ofen ist noch nie „erstickt“
      Auch bei längerer Abwesenheit habe ich volles Vertrauen und lasse ihn brennen.
      Ein Feststoffofen hat den Nachteil, das er nicht lange vorhält und man stündlich nachlegen muss. Mit Kohle kann man die Nachlegezeit verlängern. Allerdings ist in Flüssigkeiten ist mehr Energie als in Holz oder Kohle. Also muss der Vorrat an Brennstoffen erheblich grösser sein als bei Flüssigkeiten.
      Ich hoffe ich konnte euch helfen.
      Beste Grüsse Micha.

  5. Hallo Micha
    Noch eine Frage zum Dickinson.Nutzt Du die Überlaufschale,oder hast dafür eine andere Lösung parat.
    Deine Grönlandvideos sind der Hammer.Wir sind sehr beeindruckt und freuen uns schon auf Deine weiteren Folgen.
    Wir wünschen Dir weiterhin tolle Erlebnisse und eine sichere X TRIP.
    Beste Grüsse Ricarda und Thorsten

    1. Hallo Ihr Beiden, danke für euer Feedback.
      Ich habe für den Rücklauf oder Überlauf eine Plastikflasche. Der Schlauch geht durch den Deckel.
      Diese Flasche kontrolliere ich in gewissen Abständen.
      Doch da hat sich noch kein Tropfen angesammelt.
      Viele Grüsse
      Micha

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