Nicht mehr allein!

„Heute geht kein Flieger mehr nach Reykjavik.“ Höre ich am Telefon. Antje steht in Hamburg auf dem Flughafen. Das haut mich um, ich bin im Moment gerade so weit entfernt wie auf einem anderen Planet und den Tränen nahe. Es ist Sonntag, der 3. Juni, seit 6 Wochen und 1500 Seemeilen bin ich unterwegs, um diesem einen Tag entgegen zu fiebern.

Der Besuch von meiner Freundin Antje für 3 Monate war von langer Hand geplant. Doch nun: ein Stromausfall und ein Totalausfall auf dem Flughafen in Hamburg machen uns einen Strich durch die Rechnung. Wir verbringen den restlichen Tag mit aufwendigen, teuren und komplizierten Gesprächen, um einerseits einen neuen Flugtermin zu bekommen und andererseits den Anschlussflug von Reykjavik zu canceln.

Antje fährt noch den Abend nach Berlin, nimmt sich ein Hotelzimmer und bekommt am Morgen den nächsten Flieger von Berlin nach Keflavik.

Am 4. Juni fahre ich mit der Fähre von den Westmänner-Inseln zum Festland, um sie in Empfang zu nehmen.

Einen Tag später als geplant halten wir uns in den Armen. „Þetta reddast!“

Es bleibt nur ein Tag für uns, um die beeindruckende Insel und ihre Sehenswürdigkeiten zu genießen.

Der Wind weht günstig. Wir lösen die Leinen und mit leichter Brise und Sonnenschein verlassen wir Heimaey. Nach 10 Seemeilen von der kleinen Insel entfernt meldet sich die Küstenwache. Sie hätten mein AIS-Signal auf dem Bildschirm verloren, ob alles ok sei. Ich melde: Alles ok. 2 Personen auf dem Weg nach Reykjavik. Für mich ein neues Gefühl, endlich nicht mehr allein unterwegs. Steuern, navigieren, Ausguck halten während der andere schläft oder Essen zubereitet, alles kann geteilt werden, wir träumen vom Langfahrtsegeln. Ab jetzt heißt es „Wir“. Doch unsere Fahrt geht heute nur 130sm bis Reykjavik. Genauer in die Nähe von Reykjavik, nach Hafnafjordur,

einem Vorort der Hauptstadt von Island. Mit 300 Tausend Einwohnern zählt Island nicht zu den bevölkerungsreichsten Ländern dieser Erde. Allein 200 Tausend Einwohner leben in der Hauptstadt, da kann man sich die Bevölkerungsdichte im übrigen Land gut vorstellen.

Hafnarfjordur hat hinter dem Fracht- und Fischereihafen einen geschützten Sportboothafen. Ich kann ein paar kleinere Sportboote und sogar eine Hand voll Segelboote ausmachen. Wie aus meinem Cruising Guide entnommen, soll es eine preiswerte Alternative zu der Marina in Reykjavik sein. Und tatsächlich, der Hafenmeister ist überaus freundlich und hilfsbereit. Wir dürfen 3 Tage ohne Gebühr bleiben. Wir geben die gesparten Kronen gleich im nächsten Restaurant für allerlei leckere isländische Spezialitäten aus. Wir haben Zeit, geplant ist, erst in 2 Wochen einen Mietwagen zu nehmen um Island genauer unter die Lupe zu nehmen.

Bis dahin geht es erst nach Akranes, etwa 20sm nördlich an der Westküste, um von dort das erste Fjordfeeling zu spüren. Akranes ist mit 6500 Einwohner eine der 3 größten Städte Islands. Auf meine Frage beim Hafenmeister,  ob der Hafen für unsere geplante 3 wöchige Auszeit mit dem Mietwagen sicher sei, antwortet er: „Klar ist euer Boot sicher. Im letzten Winter hat sich nur einer der beiden Schwimmstege losgerissen…..“ Na, das gibt mir ja Zuversicht. In Akranes bunkern wir noch Lebensmittel, Diesel und Wasser für unser erstes Fjordabenteuer auf Island.

Nach 3 Tagen geht es in den Hvalfjördur, etwas südlich von Akranes. Ganze 17 Seemeilen lang und anfangs 3sm breit verjüngt sich der Fjord am Ende auf eine Seemeile. Wir fahren bis zum Knick in die Ankerbucht Hvammsvik. Bei einem beachtlichen Tidenhub von rund drei Metern findet der Anker in 8m WT (Wassertiefe) Halt.

‚Angekommen‘ ist unser erster Gedanke. Kein Stadt- und Verkehrslärm stört die Idylle. Wir sind glücklich und die Strapazen unserer beider Anreisen bis hier hin werden vergessen. Hvammsey bietet Schutz bei Niedrigwasser.

Bei Hochwasser und kräftigen Nordost drückt der Schwell über die vorgelagerte Untiefe. Ich gebe 55 Meter Kette, um auch bei viel Wind das Boot sicher zu wissen, denn am Ufer dampft es gewaltig. Ein Hotpot, eine heiße Quelle, umgeleitet in ein kleines Becken, lockt zum Baden. Das Grundstück um Hvammsey ist in Privatbesitz. Wir paddeln an Land, suchen den Besitzer auf und fragen nach der Erlaubnis den ´heißen Pool´ zu nutzen. Ja, kein Problem. Wie wir später erfahren, sind Wohnmobile und Camper nicht so gern gesehen. Wir mit unserem ankernden Boot jedoch eine willkommene Abwechslung. Wir genießen den Ausblick und die Getränke 😉 Viel zu schnell geht das erste Fjordabenteuer zu Ende. Der Wind weht aus Nordost und drückt ordentliche Wellen in unsere Bucht. Es wird unruhig. Einen Tag früher als geplant müssen wir ins nahegelegene Akranes aufbrechen. Auf uns wartet ein 3 Wochentörn auf 4 Rädern.

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